Zfest in Güglingen 2000

Helmut's subjektiver Bericht

Wir haben es getan! Im Jahre 2000 nach Christi Geburt haben wir uns aufgelehnt gegen das Diktat des Massenkonsums (von Popcorn mal abgesehen) und ein gemütliches Fest im verträumten Zabergäu im Schafhaus zu Güglingen abgehalten. Je weiter wir uns vom Enstehungsjahr von CP/M entfernen, desto schwieriger und aufwendiger wird es, aktuelle Listen von Freunden, Bekannten und sonstigen "Zielpersonen" zu erhalten. Meist muß man alles zu Fuß erledigen. Schon im Januar gingen unsere ersten Aufforderungen per email auf die Reise. Wir, das sind Gaby Chaudry und ich (Helmut Jungkunz), in trauter Computerzweisamkeit am häuslichen Schreibtisch zugange. Die (für uns) wichtigsten Zielpersonen wurden angeschrieben und gebeten, ihre Termine doch bitte darauf abzustimmen, welches Wochende denn nun zu nehmen sei. Im allgemeinen fallen nur zwei Wochenenden an, nämlich zwischen dem Ferienende der "Nordlichter" und dem Ferienbeginn der "Südstaatler", damit das zu durchfahrende Chaos sich möglichst im Rahmen hält.

Im Endeffekt hat's dann nicht viel genützt, da höhere Mächte die Anreise Jörg Linders verhindert haben. Naja, aber die anderen wollten wohl kommen. Zumindest erhielten wir auf unsere 130 emails so gut wie keine Antwort, weder positive, noch negative. Auch die mühsam herausgesuchten Briefadressaten hüllten sich in Schweigen. Gaby hat bestimmt Fransen in Altavistas Register gefurcht, unermüdlich war sie zugange. Wenn ich bedenke, daß ich früher alles allein gemacht habe, wird mir jetzt noch schlecht. Die letzten zwei Monate vor den Z-Festen ersticken immer in Arbeit und man kriegt nachts kein Auge zu, weil man immer die Sorge hat, jemanden vergessen zu haben. Da ist es dann auch nicht gerade beruhigend, wenn 10 Tage vor dem Z-Fest die ersten Absagen eintreffen, eine nach der anderen...

Gaby war gottseidank auf die glorreiche Idee gekommen, einen Fax-Service einzurichten, damit sich jeder selbst sein Zimmer buchen konnte, sofern benötigt. Möglich wurde dies alles nur, weil Gaby auf eigene Kosten (mit Unterstützung ihrer Clubmitglieder) eine sehr schön gemachte Webseite unterhält, nämlich www.gaby.de, von wo auch der Link zu www.zfest.de zugreift. Ihr könnt Euch Gabys Frust vorstellen, als ausgerechnet der verbündete JOYCE Club JOYCEAG in der neuen Clubzeitung den Link mit www.z-fest.de (mit Bindestrich!!!) angab. Was also tun? Gaby meldet eine zusätzliche domain www.z-fest.de an (auf ihre Kosten natürlich), damit dieser Dusselei ein Riegel vorgeschoben wird.

Tja, auch die Güglinger blieben von der Arbeit nicht verschont. Das "Office" der Firma CNS Vogelmann mußte noch umgebaut werden und die ganze Technik wieder neu in Betrieb genommen werden. Ideen wurden gesammelt, wo man die zu erwartenden 70 Leute denn unterbringen könne und wie man das mit dem Essen lösen solle. Die Telefone zwischen München und Güglingen liefen heiß. Als sich schließlich herauskristallisierte, daß wohl doch weniger als 50 Leute tatsächlich kommen würden, trotz der auf der Webseite organisierten Mitfahrgelegenheiten, zeichnete sich bei uns Enttäuschung und bei Vogelmanns Erleichterung ab.

Nachdem die Vorbereitung der organisatorischen Maßnahmen abgeschlossen waren, ging der etwas lustigere Teil los. Gaby und ich setzten uns zum fröhlichen Brainstorming an den Kaffeetisch und beratschlagten, wie wir denn die diesjährige Preisverleihung gestalten wollten. Die Kalauer purzelten nur so hin und her, bis dann schließlich feststand, es würde heuer zwei Preise geben: den für Jörg Linder (auf den er schon seit zwei Jahren spekuliert hat) und einen Sonderpreis, um den Ehrgeiz und den Eifer zu belohnen, mit dem unser jüngster Aktiver, Alexander Bernotat, immer tiefer in die Materie einsteigt und diese in sich hineinsaugt. Ausgelöst, wie gesagt, wurde alles durch verbales Brainstorming zwischen uns beiden. Als wir dann schließlich unsere beiden Schlagwörter "Z-Verteiler" und "Doctor honoris zett" gefunden hatten, mußten wir uns Gedanken machen, wie wir das umsetzen wollten. Nicht zuletzt war ja die Idee des Z-Verteilers bei mir mit dem Bild eines Auto-Verteilers verknüpft, und woher auf die Schnelle einen passenden kriegen? Zufällig entdeckte ich auf meinem Weg zur Arbeit einen Schrotthändler direkt an der Straße, so daß ab dann der Aufwand des Suchens wegfiel. Jetzt mußte nur noch ein Z her. Schließlich baute ich einfach eins aus einem Drahtkleiderbügel und etwas Lötzinn. Gaby baute unterdessen den "Doktorhut" aus 8"-Disketten. Dann bastelten wir jedem noch eine schöne Urkunde, das war dann quasi in letzter Sekunde noch, da schon am nächsten Tag das Z-Fest begann.

Natürlich waren ein paar Leute schon am Tag vorher angekommen (und hatten sich breitgemacht, nicht wahr, Arndt ?!). Aber das Gros kam natürlich am Samstag ab 10 Uhr an. Die Vogelmanns hatten vor die Scheune ein Vorzelt (weiß-blau gestreift!) angebracht, was bei der wechselhaften Witterung sehr angenehm war, da man direkt vom Auto aus die Sachen trocken abstellen konnte. Nachdem wir dem Platz-Raubbau einen Riegel vorgeschoben hatten, wurden die Plätze neu aufgeteilt. Diesmal hatte ich zum ersten Mal einen schnellen IBM-Kompatiblen zum Vorführen von gespeicherten Filmchen dabei. Zusätzlich hatte Roderich einen Projektor organisiert, damit Videos für die Allgemeinheit gezeigt werden konnten. Meine CPU280 von Tilmann Reh war natürlich auch diesmal wieder dabei und nicht zu schlecht beschäftigt mit dem Umkopieren von Daten und der Analyse von Fremdformaten. Gaby hatte nämlich einen Kaypro 2 geerbt, dessen zweites Laufwerk nicht reagierte. Außerdem war keine passende Systemdiskette vorhanden, kleine Inkompatibilitäten mit den definierten Formaten zeigten sich beim Kopieren einer leicht fehlerhaften Demo-Diskette, die zwar nur MBASIC und ein paar Programme enthielt, aber immerhin ein startfähiges CP/M 2.2 mitbrachte. Mittels des Kaypro 4 von Arndt Övermann gelang es schließlich, eine halbwegs brauchbare Kopie zu erstellen.

Frau Vogelmann sen. als "Mutter des Festes" kümmerte sich um die Leute in gewohnt freundlicher Manier. Bald darauf begann auch schon der Duft frischen Kaffees aufzusteigen und irgendwoher tauchte plötzlich ein Kuchen auf. Doch schon bald nahte das Verhängnis in Form eines gigantischen Korbs voll mit Popcorn! Doch auch dieser Bedrohung zeigte sich das ZFest-Team gewachsen. Zwar dauerte der Kampf bis zur Abfahrt der meisten, aber er wurde eindeutig zugunsten des Genusses entschieden.

Im Raum begannen bald ebenfalls seltsame Veränderungen: ein Robotron-Klotz türmte sich mächtig an einer der vielen Ecken in der Enge der Scheune. Plötzlich - großes Hallo! Draußen war ein kitschig-blauer Luxus-Straßenkreuzer vorgefahren, der uns Markus Loew aus dem Elsaß bescherte. Damit nicht genug, er brachte gleich seine Wohnungseinrichtung mit, an die er seine Computeranlage montiert hatte, oder war es umgekehrt? Zunächst aber gingen die Spinnen ans Werk, ihr Netz zu spannen. Äh, will sagen, die Netzwerker waren es natürlich. Schließlich waren ja an diesen eigenartigen neumodischen Kisten so Dinger dran zum Aufpfriemeln von Kabeln (fachdeutsch). Keiner wußte so recht, wozu das gut sein sollte, aber haben wollten es alle, bis sie dann merkten, daß Internet nicht vorgesehen war. Manche merkten das sehr spät. Naja, immerhin gelang es mit vereinten Kräften den Apple von Fritz von einem Minimal-System zu einer Standard-Installation aufzurüsten. Uwe Herzceg hat hierbei kräftig mitgewirkt. Aber auch am anderen Rechner von Fritz Chwolka war das Betriebssystem nur halb (OS/2) ;-), auch hier wurde fleißig gestrickt und das nicht nur am Netzwerk. Markus Loew zeigte seine beeindruckende Implementierung eines Multitasking BASIC auf seinem Bondwell 2. Mich persönlich allerdings beeindruckte die Tatsache mehr, daß er den Quellcode des BASIC aus einem Buch abgetippt hatte!

Endlich erschien der heiß erwartete Professor Karl Kleine. Natürlich wurde er auch erwartet, weil er einen 6-fach CD-Kopierer mitbringen wollte. Wir gingen auch gleich heftig zur Sache: als Kopierquelle standen zur Verfügung: die ZNODE51 CD, die SCUG-Info CD, die Vintage-Computerfest CD, sowie die brandneuen (wortwörtlich!) Movie-CDs mit dem Material vom Boston Computermuseum und des Museums of Science, der Dokumentation des 20. Trentoner Computer Festivals 1995 und einer fantastischen Demonstration von Howard Goldstein über seinen Umgang als Blinder mit Computern, sowie des unglaublich amüsanten Vortrags von Hal Bower zum Thema CheapLAN, einem echten Netzwerk für CP/M 2.2 Computer mit ZSDOS und Hal Bower's BPBIOS. Der Erlös in Spendenform floß zum großen Teil an Gaby Chaudry zur Unterstützung ihrer Web-Aktivitäten.

Inzwischen waren es ungefähr 30 Leute, die sich dann so allmählich Richtung Pizzeria bewegten, wo wir schon reserviert hatten. Das Wetter hatte sich auf "unverbindlich" eingependelt, und der Spaziergang zum Lokal aktivierte den Hungernerv auf angenehme Weise. Nach dem gemeinsamen Essen brach die übliche Informationshektik aus, und jeder hatte alle Hände voll zu tun. Allzu hektische Gänge Richtung Küche oder Toilette wurden durch querliegende Katzen abgebremst, die es umherzuhieven galt. Nur selten verschlug es diesmal Leute in den ersten Stock, wo sich die Büroräume der Firma CNS Vogelmann befinden. Ich hatte natürlich dort zu tun und bewunderte das feine I-Mac und G4 Ambiente. IBM-Computer vermutete ich eher in einer Schublade versteckt. Es sollte nicht ganz so schlimm sein, wie sich später herausstellte, schließlich gab es ja einen Novell Server, auf dieser Architektur basierend.
Beim diesjährigen Z-Treffen wurde übrigens ein weiteres Tabu gebrochen: zum ersten Mal wurde die Eßecke in der Stube der Vogelmanns durch profanes Gerät entweiht ..

Das Highlight der Veranstaltung war natürlich wieder die Preisverleihung. Zunächst der Preis an Jörg Linder (in Abwesenheit desselben) als "Z-Verteiler 2000" (die Sage geht, er habe den Preis von Roderich inzwischen zugestellt bekommen). Die Reaktion war wie erwartet: allgemeines Grinsen bei den Neuen, Lachen bei den Wissenden der Z-Elite. Der Überraschungspreis geriet zur Ulknummer: der Doktorhut aus 8-Zoll-Disketten war etwas zu eng geraten, Professor Karl Kleine (der aus Jena) machte flugs eine Persiflage darauf. Der "Kleene", wie Alexander Bernotat von manchen zärtlich genannt wurde, errötete und zeigte sich zugleich hoch erfreut. Die Ernennung zum "Dr. honoris Zett" war auch für Rainer, den Fahrer, äh, den Vater von Alexander eine Ehre.

Schließlich kam es, wie es kommen mußte: irgendwann löste sich die Gemeinde wieder in alle Winde auf, nicht ohne die feste Zusicherung, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein. Das dürfte kein Problem sein, wir haben von allen die Anschrift und email-Adressen notiert. Näheres findet Ihr irgendwo auf Gabys Seite.

Euer Helmut Jungkunz